Im Jahre 1987 machten die Professoren Gregory Northcraft und Margaret Ann Neal ein Experiment, dessen Ergebnisse um die Welt gingen. Bei jenem Experiment wurden zwei Gruppen gebildet, die den Wert einer Immobilie schätzen sollten.
Gruppe 1 beinhaltete professionelle Immobilienmakler, Gruppe 2 waren Studenten. Ziel war es, dass beide Gruppen den Wert einer Immobilie schätzen sollten. Dazu wurden beiden Gruppen eine mehrseitige Informationsbroschüre zu der Immobilie ausgehändigt.
Die in der Broschüre angegebenen Informationen waren identisch, lediglich die angegebenen Listenpreise unterschieden sich. Beide Gruppen sollten anschließend Wertschätzungen zu der entsprechenden Immobilie abgeben.1
Darum ging das Ergebnis um die Welt
Das Beeindruckende am Ergebnis war, dass sich nicht nur die Studenten von den angegebenen Listenpreisen beeindrucken ließen sondern auch die Experten! In folgender Abbildung sehen Sie selbst, welche Schätzwerte dabei heraus kamen:
Ergo: Je höher der Listenpreis angegeben war, umso höher war bei beiden Gruppen der geschätzte Marktpreis.
Dieses Phänomen beschrieben die beiden berühmten Verhaltensforscher Amon Twersky und Daniel Kahnemann bereits Anfang der 70er Jahre als sogenannten Ankereffekt!
Dieser besagt, dass wir Informationen, die unbewusst in unserem Umfeld stattfinden, unsere Urteilsfindung beeinflussen.
Der Anker im obigen Beispiel war der Listenpreis, der sowohl die Studenten als auch die Immobilienmakler unbewusst zur höheren Preisschätzungen veranlasste.
Selbst erfahrenen Richtern erging es in einem Experiment aus dem Jahre 2006 ähnlich. In einem Experiment der Sozialpsychologin Birte Englich von der Universität Köln ließ man diese würfeln und im Anschluss daran ein angemessenes Strafmaß für ein fiktives Verbrechen festlegen.2
Auch hier kam heraus, dass eine höhere gewürfelte Augenzahl zu signifikant höheren Strafen führte.
Vorsicht vor absurden Listenpreisen
Aufpassen müssen Sie lediglich damit, dass Sie es mit dem Ankereffekt nicht übertreiben. Denn der Ankereffekt wirkt nur dann, wenn es kein eindeutiges Ergebnis gibt und es (seriösen) Interpretationsspielraum gibt.
Um auf das Beispiel der Immobilie zurück zu kommen, würde beispielsweise ein absurde Preisvorstellung eines Verkäufers kein wirksamer Anker sein. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Preisvorstellung in irgendeiner Weise objektiv und glaubhaft zu rechtfertigen wäre.
Ansonsten besteht die Gefahr, dass die alte Maklerregel in Kraft tritt und das Objekt auf Grund der unrealistischen Preisvorstellung mit der Dauer am Markt „verbrennt“.
Mehr zum Ankereffekt und wie Sie diesen sowohl privat als auch beruflich für sämtliche Arten von Verhandlungen für sich nutzen können, lesen Sie auch in unserem Buch „Ankereffekte: 7 Tricks, wie Sie alle Arten von Verhandlungen zu Ihren Gunsten beeinflussen“.
Einzelnachweise: